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Wie alles begonnen hat…

In Manchester hatte alles begonnen. Die Ausbeutung, die Fremdbestimmtheit, das Elend. Im Museum of Science and Industry in Manchester werden dazu schockierende Beispiele genannt. Es werden Maschinen präsentiert mit denen Baumwolle erst gereinigt und dann verarbeitet wurde bis daraus Kleidungsstücke entstanden. Dabei füllten sich die Lungen der Arbeiter regelrecht mit Baumwolle, was zum frühen Tod führte. Viele Kinder blieben vor der „Staublunge“ allerdings bewahrt, da sie bei der Reinigung der in Betrieb stehenden Maschinen zu arbeitsunfähigen Krüppeln entstellt wurden – oder es gleich nicht überlebten. Und hatten sie es bis zum Erwachsenenalter geschafft, führte der Lärm der Maschinen zumindest zu früher Taubheit.

Der Name Manchester wurde denn auch verewigt in den Begriffen „Manchesterkapitalismus“ oder „Manchesterliberalismus“, womit ein staatlich unkontrollierter und entfesselter Kapitalismus bezeichnet wird. Es gab keine Arbeiterrechte, Ziel der Fabrikbesitzer war vor allem möglichst viel Profit aus der Situation zu ziehen.

Doch warum liessen sich die Arbeiter denn überhaupt auf diese Jobs ein? Dies lässt sich einfach erklären: schlimmer als eine solche Arbeit waren die Arbeitslosigkeit – oder sogar der Hunger, der in den 1840er Jahren während der „Great Famine“ eine Million Iren den Tod gebracht hatte. Zwei Millionen Iren entflohen dem Hunger, indem sie nach Amerika, Australien oder ins benachbarte Manchester auswanderten.

Willkommen geheissen wurden sie selten mehr als die heutigen Flüchtlinge. Und sie erhielten keinerlei staatliche Zuwendungen, weshalb sie zur Fabrikarbeit gezwungen wurden. Die Alternative war also nicht: lebensgefährliche Fabrikarbeit oder ein „gutes“ Leben, sondern lebensgefährliche Fabrikarbeit oder Hunger.

Es traf aber natürlich nicht nur die Iren. Noch im 18. Jahrhundert gab es vielerorts Weber, die in Heimarbeit Kleidungsstücke herstellten. Diese konnten der neuartigen Konkurrenz nichts entgegensetzen und mussten häufig ihre Selbständigkeit aufgeben und sich in den Fabriken verdingen. Ein Phänomen, dem wir auch heute wieder begegnen, wo beispielsweise das Internet vielen Läden die Weiterexistenz unmöglich macht.

Es ist allerdings nicht ganz einfach solche Umbrüche zu bewerten. Auf den ersten Blick scheint die Industrielle Revolution Manchester grosses Elend gebracht zu haben. Auf den zweiten Blick wird aber klar, dass die Arbeiter ohne Arbeit noch schlechter dagestanden hätten. Und da es ein Überangebot an Arbeitern gab, konnten die Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen diktieren.

In Manchester gab es dann aber auch schon früh Arbeitskämpfe und die Arbeiter erstritten sich bessere Arbeitsbedingungen, der Staat führte allmählich Regeln und Gesetze ein, die die Situation allmählich etwas entschärften.

So nahm in Manchester in gewisser Hinsicht der heutige Reichtum seinen Anfang, aber auch die Arbeiterbewegung, der wir die heutigen besseren Lebens- und Arbeitsbedingungen in Europa zu verdanken haben. Und so wurde aus dem Schlechteren das Bessere geboren.

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